Audio Guide:
Sinnbilder des Altars

Der Altarraum

Wir wollen uns nun den Altar einmal aus der Nähe anschauen. Kommen Sie doch einfach mit nach vorn in den Altarraum. Wenn Sie kurz vor dem großen Teppich stehen bleiben, haben Sie den besten Blick auf dieses christliche Kunstwerk.

Wenn Sie wollen, können Sie sich die Details im oberen Teil des Altars auch mithilfe der Aufnahmen, welche Sie ebenfalls auf unserer Website finden, genauer anschauen.

Der Altarraum aus der Luft gesehen.


Um Ihnen die Sinnbilder und Personifikationen an unserem Altar näherzubringen, habe ich mir Unterstützung von einer Kunsthistorikerin geholt. Ich werde nun ihren Worten meine Stimme verleihen. Selbst hätte ich diese Worte so nicht finden können:

Gesetz und Gnade

Die zweigeschossige Gliederung des Altars erinnert an protestantische Kanzelaltäre. Ursprünglich wurde der Altar für St. Otto auch als Kanzelaltar geplant. Der Intervention von Kirchenpatron Franz Heinrich von Schönburg-Forderglauchau-Wechselburg haben wir es zu verdanken, dass wir heute diesen einmaligen Altar, eben ohne Kanzel, vorfinden. Im Obergeschoss, dort wo für solche Altäre üblicherweise ein Kanzelkorb für den Prediger angebracht war, befindet sich am Wechselburger Altar eine Nische mit einer einzigartigen sinnbildlichen Figur.

Die verschleierte, sitzende Frauenfigur mit Nimbus, Strahlenkranz, Evangelium und Gesetzestafeln ist eine recht originelle sinnbildliche Variante, wenn nicht Kommentar, zum lutherischen Bekenntnisbild „Gesetz und Gnade“. Dafür spricht auch das Spruchband, welches über ihren Armen liegt und auf dem zu lesen ist: „Das Gesetz ist durch Mose gegeben; die Gnade und Wahrheit ist durch Jesum Christum geworden“.

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Das Sinnbild zu Gesetz und Gnade im Obergeschoss des Altars.


Das Bildthema Gesetz und Gnade, entwickelt in Wittenberg in der Werkstatt Lucas Cranachs, gilt als das wirkungsstärkste und am meisten verbreitete der Reformationszeit. Es fand im Medium des Buchdrucks und in Gestalt von Titelblättern der Luther-Bibelausgaben massenhaft Verbreitung.

Im Unterschied zur ursprünglichen antithetischen Darstellung von „Gesetz und Gnade“ im Bild präsentiert die weibliche Figur im Wechselburger Altar sowohl die Tafeln mit den Zehn Geboten als auch das Evangelium und somit eine Einheit der Offenbarung, ohne die Alternative von Verdammnis und ewigem Leben. Lediglich das Motto im Strahlenkranz der Figur erklärt, dass ihr Jesus alles ist (Mihi omnia Jesus).

Die Figur kann deshalb als eine Personifikation und ein Sinnbild der christlichen Religion bzw. der reformierten Kirche und der göttlichen Gnade (Gnadengaben) gelesen werden. Sie ist ein „dunkles Bild“ vor einem Vorhang, welches den Christen gegeben ist, solange sie nicht „von Angesicht zu Angesicht“ Gott und die Wahrheit sehen können, wie es im Hohen Lied der Liebe heißt. Das Resümee aus dem 1. Buch der Korinther, Kapitel 13 Vers.13 „Nun aber bleiben Glaube, Hoffnung, Liebe, diese drei, aber die Liebe ist die größte unter ihnen“, zitiert die Schrifttafel, die über der Figur angebracht ist. Darüber prangt im Auszug des Altars das Symbol der Dreifaltigkeit und das Tetragramm mit dem hebräischen Namen Gottes, umgeben von einem Wolken- und einem Strahlenkranz.

In der untersten Ebene des Altars befand sich ehemals in der Mitte das Kruzifix. Ihm zu beiden Seiten ist noch heute rechts eine Personifikation des Glaubens/Fides (mit Kreuz und Kelch) und links der Hoffnung/Spes (mit Taube und Anker) aufgestellt. Die Texte ihrer beigeordneten Schrifttafeln haben Glaube und Hoffnung zum Thema.

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Spes und Fides.

Glaube, Liebe und Hoffnung (Fides, Caritas, Spes) gelten als die drei christlichen Tugenden. Die Liebe wird am Wechselburger Altar durch die mittlere Texttafel über der Kreuzigung thematisiert, jedoch nicht als Personifikation verbildlicht. Die „Liebe Gottes“ (Caritas Dei) und das Opfer des Sohnes für das ewige Leben der Menschen sind verkörpert in dem Bilde Christi am Kreuz und in der Realpräsenz der Eucharistie.

Vielen Dank an unsere Kunsthistorikerin. Ich hätte es selbst nicht besser formulieren können.

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